Zum Thema Pruefungsarbeiten habe ich mich seit 1989 wiederholt geaeussert, siehe http://www.db-thueringen.de/servlets/DocumentServlet?id=4165 http://archiv.twoday.net/search?q=prüfungsar Abschlussarbeiten sind Arbeiten, die aufgrund eines formellen Verfahrens eine wissenschaftliche Begutachtung durch Hochschullehrer erfahren haben und von daher bereits eine wissenschaftliche Mindestqualität aufweisen. Sie zeigen, wenn sie akzeptiert werden, dass der Kandidat in der Lage ist, ein Thema wissenschaftlich zu bearbeiten. Volkswirtschaftliche Ueberlegungen sehen in der nicht ausreichenden Verwendung dieser Arbeit eine Ressourcenvergeudung. Immerhin wird jede Abschlussarbeit vom Steuerzahler hoch subventioniert. Leider ignoriert die Hochschulforschung dieses Problem beharrlich, obwohl ich denke, dass es genuegend Hinweise darauf gibt, dass in nicht unerheblichem Ausmass ungedruckte (d.h. nur durch Einstellung in eine Bibliothek oder seit Aufkommen des Internet im Internet, sei es auf der Homepage sei es bei diplomica.de veroeffentlichte) Arbeiten zitiert werden, also hinreichenden wissenschaftlichen Wert besitzen. In eine entsprechende Berechnung waeren einzubeziehen die von den finanziellen Traegern der Forschung zu tragenden Beschaffungskosten fuer diejenigen Arbeiten, auf deren Kenntnis der Wissenschaftler nicht guten Gewissens glaubt verzichten zu koennen, d.h. also solche, von deren Existenz er durch Zitate, Bibliographien (einschliesslich Internetdatenbanken wie z.B. Foto Marburg fuer alle kunstwissenschaftlichen Abschlussarbeiten) oder Informationen von Fachkollegen erfahren hat. Erfahrungsgemaess erweist sich das Organisieren und Aufspueren solcher Arbeiten als nicht selten schwierig, in sehr vielen Faellen existiert kein oeffentlich zugaengliches Exemplar, die Adresse des Verfassers muss ermittelt oder der Betreuer ausfindig gemacht werden in der Hoffnung, dass dieser bereit ist, eine Kopie aus der Hand zu geben (was durchaus ein rechtliches Problem aufwirft). Diese Kosten entfallen, wenn ausnahmslos alle Abschlussarbeiten auf dem Hochschulschriftenserver einsehbar sind. Je spezieller ein Thema (z.B. Behandlung eines kaum beachteten Kunstwerks in einem Museum oder einer wenig beachteten mittelalterlichen Handschrift, um geisteswissenschaftliche Beispiele zu nennen) ist, um so hoeher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Wissenschaftler wuenschen, die Arbeit pruefen zu koennen. Oeffentlich im Internet zugaengliche Abschlussarbeiten koennen im uebrigen auch fuer Plagiat-Ueberpruefungen herangezogen werden. Erfahrene Wissenschaftler koennen bei einer Abschlussarbeit, die ihnen ja leider haeufig via Grin Verlag bei Google Book Search begegnet, sehr schnell abschaetzen, ob die Arbeit neue wissenschaftliche Erkenntnisse enthaelt oder durch Kompilationsleistungen (z.B: Forschungsueberblick oder Literaturverzeichnis) die Lektuere lohnt. Studierende sollen diese Leistung im Bereich der Informationskompetenz erwerben. Ich sehe daher daher den Vorteil, hochwertige und einzigartige Abschlussarbeiten zur Kenntnis nehmen zu koennen und selbst bei mittelmaessigen Arbeiten von ihnen profitieren zu koennen. Dieser Vorteil ueberwiegt den moeglichen - empirisch aber nicht bewiesenen - Nachteil der "Zumuellung" des Schriftenservers, wenn alle Arbeiten aufgenommen werden. Konservative Dozenten, die in der Regel kaum Ahnung vom Internet haben, koennen nicht den Maßstab fuer die Inhaltsbeschreibung eines Schriftenservers vorgeben. Somit ergibt sich, dass einige gaengige Praktiken abwegig und in meiner Sicht unsinnig sind: - die Zugaenglichmachung nur im universitaeren Intranet (z.B. PH Freiburg) - die Verpflichtung, die Einwilligung des Betreuers einzuholen (rechtlich nicht haltbar, wie ich meine) - die Verpflichtung, dass ein Dozent die Einstellung befuerwortet - die Praxis, nur mit 1 oder 2 benotete Arbeiten aufzunehmen. Es besteht im uebrigen immer die Moeglichkeit, einen eigenen Schriftenserver fuer Abschlussarbeiten einzurichten, der getrennt vom allgemeinen Schriftenserver betrieben wird und in dem man experimentell Vor- und Nachteile der Einstellung aller oder nur eines Teils der Arbeiten erproben kann. Klaus Graf 2009/2/25 Dagmar Schobert <dagmar.schobert@uni-potsdam.de>: > Liebe Kolleginnen und Kollegen, > ich moechte mal kurz in die Runde fragen, wie Dokumentenserver anderer > Universitaeten mit der Open Access-Veroeffentlichung von Bachelorarbeiten > umgehen. > Wir veroeffentlichen auf unserem Repository u.a. Diplom-, Magister-, > Staatsexamens- und neu Masterarbeiten, aber nur, wenn sie mit "sehr gut" > abgeschlossen wurden. Ist es sinnvoll, mit Bachelorarbeiten ebenso zu > verfahren? Sollte man sie ausschliessen? Wo ziehen andere universitaere > Repositories die Grenze? _______________________________________________ Ipoa_forum mailing list Ipoa_forum@lists.spline.inf.fu-berlin.de https://lists.spline.inf.fu-berlin.de/mailman/listinfo/ipoa_forum