Sehr geehrter Herr Dr. Bruch, die Verlagsbranche befindet sich zurzeit in einem grundlegenden Wandel. Zum negativen Teil der Wandlung gehört z. B. sicherlich die Ausgliederung verlegerischer Tätigkeiten wie die Satzherstellung. In solchen Punkten scheint es, dass Verlage reine Händler werden. Entgegen dieser Tendenz arbeitet der Meine Verlag jedoch in klassischer Manier. Daher sind wir mehr als ein Händler und erst recht mehr als ein Dienstleister. Wir sind Händler und Produzenten (denn so definiert sich verlegerische Arbeit). Diese traditionelle verlegerische Tätigkeit wird u. a. durch die Übertragung von Nutzungsrechten finanziert. Verlage sind darauf angewiesen, Nutzungsrechte zu erwerben. Übrigens lässt das Verlagsrecht, in dem ja u. a. auch die Übertragung der Nutzungsrechte geregelt wird, mehr Flexibilität zu, als i. d. R. vermutet wird. Wie sie gestaltet sind, liegt in den Verhandlungen zwischen Autor und Verlag. Mit freundlichen Grüßen, Wenke Richter. -----Ursprüngliche Nachricht----- Von: ipoa_forum-bounces@lists.spline.inf.fu-berlin.de [mailto:ipoa_forum-bounces@lists.spline.inf.fu-berlin.de] Im Auftrag von Christoph Bruch Gesendet: Montag, 28. September 2009 15:34 An: 'Expertenforum für die Informationsplattform Open Access (http://open-access.net/)' Betreff: Re: [IP-OA_Forum]OA-Policy von Verlagen bei MONOGRAFISCHEN Veröffentlichungen Sehr geehrte Frau Richter, Sie betonen in Ihren Ausführungen die Services, die Ihr Verlag bzw. Verlage leistet/ leisten (können). Für mich ist die Frage spannend, ob Verlage für die Vermarktung Ihrer Dienstleistungen darauf angewiesen sind, die Nutzungsrechte an den Veröffentlichungen über den Umfang hinaus zu erwerben, der für die Erstveröffentlichung nötig ist? Anders gefragt: Können Verlage als reine Dienstleister funktionieren oder müssen Sie auch Händler sein? Gruß Christoph Bruch ________________________________________ Christoph Bruch Head of Open Access Max Planck Digital Library (MPDL) http://www.mpdl.mpg.de http://oa.mpg.de E-Mail: bruch@mpdl.mpg.de Phone: +49 (0)30 - 288 86 77 82 -----Ursprüngliche Nachricht----- Von: ipoa_forum-bounces@lists.spline.inf.fu-berlin.de [mailto:ipoa_forum-bounces@lists.spline.inf.fu-berlin.de] Im Auftrag von Wenke Richter Gesendet: Dienstag, 8. September 2009 15:54 An: 'Expertenforum für die Informationsplattform Open Access (http://open-access.net/)' Betreff: Re: [IP-OA_Forum]OA-Policy von Verlagen bei MONOGRAFISCHEN Veröffentlichungen Sehr geehrter Herr von Wachter, sehr geehrter Herr Nix, Herr v. Wachter hat zur Frage "OA und Verlag" grundsätzlich richtig beantwortet. Ich antworte aus Sicht eines Verlages, der dem OA sehr offen gegenüber steht, eigentlich auf den letzten Abschnitt: "Meines Erachtens ist es bedauerlich, daß so viele Autoren ungeprüft die Verlagsvertrage unterschreiben, welche die Verlage ihnen vorlegen, und damit das exklusive Nutzungsrecht bis 70 Jahre nach ihrem Tod antreten. Mit diesem Monopol ausgestattet verkaufen die Verlage das Buch zu einem so teuren Preis, daß die Verbreitung stark eingeschränkt ist. So werden Verlage zur Ideenverbreitungsverhinderern. Ein treffender Aufsatz dazu ist Jeffrey Tuckers Artikel "Authors: Beware of Copyright!" http://www.lewrockwell.com/tucker/tucker121.html . Aus diesem Grunde finde ich nicht, daß OA bei Monograpien "kein Thema" ist. Druckkostenzuschüsse sollte man entweder ganz abschaffen (sie stammen aus der Zeit, als die Herstellung von Büchern viel teurer war - hohe Druckkostenbeteiligungen der Autoren sind heute nur deshalb so hoch, weil es die Druckkostenzuschüsse gibt) oder zumindest mit einer OA-Bedingung verbinden." OA, Wissenschaftsverlag und Druckkosten - dies ist insgesamt eine Gratwanderung für Wissenschaftler und Verlage, ausgelöst durch verschiedene Umwälzungen in der Buchbranche und in den Neuen Medien. Ich kenne beide Positionen, als Wissenschaftlerin selbst und als Verlagsmitarbeiterin. Verlage sind keine Ideenverbreitungsverhinderer! Das Problem liegt eigentlich darin, daß ein Großteil der Verlage die Veränderungen (Internet, Print-on-Demand etc.) in ihrer Bandbreite noch nicht vollständig begriffen hat. Hier sind massive Umwälzungen im Gange. Gemeinsam mit einem Freund bin ich dabei, seit 2007 den Verlag aufzubauen. Was trieb uns eigentlich dazu an? Die hohen Preise für Fachbücher, ihre teilweise schlechte Qualität, die Barrieren zu Publizieren und vor allem der Umstand, daß es in vielen Bereichen heute üblich ist, daß Verlage die eigentliche Verlagsarbeit (Satz, Korrektorat, Lektorat, Layout, Bewerbung etc.) auf den Autor abschieben - sei es durch überhöhte Druckkostenzuschüsse oder dadurch, eine fertige Druckdatei zu verlangen. Natürlich spielen hier wirtschaftliche Gründe eine wichtige Rolle. Wir wollen das mit unserem Verlag ändern. Das bedeutet beispielsweise, daß wir Satz, Lektorat, Korrektorat, Bewerbung alleine machen. So wie eben Verlagsarbeit ist. Auf der anderen Seite muß sich dies auch für den Verlag wirtschaftlich lohnen. Denn es ist weniger der Druck, der die Kosten verursacht, sondern die Zeit und das Engagement. Gleichzeitig wollen wir auch, daß unsere Bücher bezahlbar bleiben. Da unsere Bücher aber auch nicht den Leserkreis von Harry Potter haben, sind wir auf Druckkosten angewiesen, die - das kann ich Ihnen versichern - sehr niedrig sind. Natürlich kommt jetzt bestimmt der Einwand: dann eben Print/Book-on-Demand, nur dann muß sich jeder Autor auch um alles selber kümmern! Angefangen vom Satz, der bei solchen Büchern oftmals mit Word ein Grauen ist, über Bewerbung etc. Also ich meine, es ist richtig und notwendig, eine Diskussion über Druckkosten und Wissenschaft zu führen. Und keine Frage, es gibt in der Verlagsbranche da eine enorme Schieflage. Ich denke, ein Mittelweg zwischen OA und traditioneller Publikation bringt am Ende für alle das meiste. Zumindest handhaben wir es so in unserem Verlag (wir starten ja jetzt im Herbst mit AEON eine OA-Zeitschrift für die Geschichtswissenschaft.) Gerne beantworte ich Fragen zur Diskussion. Herzliche Grüße aus Leipzig Wenke Richter -----Ursprüngliche Nachricht----- Von: ipoa_forum-bounces@lists.spline.inf.fu-berlin.de [mailto:ipoa_forum-bounces@lists.spline.inf.fu-berlin.de] Im Auftrag von Daniel von Wachter Gesendet: Dienstag, 8. September 2009 15:11 An: "Expertenforum für die Informationsplattform Open Access (http://open-access.net/)" Betreff: Re: [IP-OA_Forum] OA-Policy von Verlagen bei MONOGRAFISCHEN Veröffentlichungen > ist mir nicht bekannt, ob & ggf. wo es systematische Informationen darüber gibt, wie die OA-Politik von Verlagen mit Blick auf MONOGRAFISCHE Veröffentlichungen aussieht - Sehr geehrter Herr Nix, das muß der Autor mit dem Verlag aushandeln. Universitätsverlage und einige andere Verlage bitten den Autor nie, das exklusive Nutzungsrecht abzutreten. (Besonders sog. Book-on-Demand-Verlage, aber traditionelle Verlagen verwenden heute dieselbe Technik wie diese.) Bei anderen muß der Autor fordern, was er will. Als ich zuletzt einen Verlag suchte, hat ein Verlag - der für seine Anti-Open-Access-Einstellung bekannt ist - sofort auf meine Forderung allergisch reagiert, ein anderer hingegen war sehr kooperativ. Ich habe das exklusive Nutzungsrecht für vier Jahre abgetreten und im Verlagsvertrag die Möglichkeit, den Text nach einem Jahr in einem Repositorium abzulegen, vereinbart. Als ich mit dem Verlag in Kontakt trat, hatte ich das Manuskript einer früheren Version des Textes schon lange in einem Repositorium abgelegt. Ich würde generell Autoren empfehlen, nicht nur ihre Aufsätze, sondern auch auch ihre Monographien nach der Fertigstellung so schnell wie möglich in einem Repositorium abzulegen. Damit sichern sie auch die Urheberschaft ihrer Gedanken, denn das Datum des Ablegens wird festgehalten. Von einem Kollegen aus Holland habe ich gehört, daß dort die Universitäten bei Dissertationen die Ablage in einem Repositorium vorschreiben. Entsprechend hat er den Vertrag mit einem traditionellen deutschen Fachverlag abgeschlossen. Wenn der Autor das Recht auf OA fordert, kann er es also bekommen. Herr Graf hat dargelegt, daß OS bei Monographien den Absatz oft oder meist eher fördert als schmälert: http://delicious.com/Klausgraf/monograph_open_access Meines Erachtens ist es bedauerlich, daß so viele Autoren ungeprüft die Verlagsvertrage unterschreiben, welche die Verlage ihnen vorlegen, und damit das exklusive Nutzungsrecht bis 70 Jahre nach ihrem Tod antreten. Mit diesem Monopol ausgestattet verkaufen die Verlage das Buch zu einem so teuren Preis, daß die Verbreitung stark eingeschränkt ist. So werden Verlage zur Ideenverbreitungsverhinderern. Ein treffender Aufsatz dazu ist Jeffrey Tuckers Artikel "Authors: Beware of Copyright!" http://www.lewrockwell.com/tucker/tucker121.html . Aus diesem Grunde finde ich nicht, daß OA bei Monograpien "kein Thema" ist. Druckkostenzuschüsse sollte man entweder ganz abschaffen (sie stammen aus der Zeit, als die Herstellung von Büchern viel teurer war - hohe Druckkostenbeteiligungen der Autoren sind heute nur deshalb so hoch, weil es die Druckkostenzuschüsse gibt) oder zumindest mit einer OA-Bedingung verbinden. D. v. Wachter _______________________________________________ Ipoa_forum mailing list Ipoa_forum@lists.spline.inf.fu-berlin.de https://lists.spline.inf.fu-berlin.de/mailman/listinfo/ipoa_forum _______________________________________________ Ipoa_forum mailing list Ipoa_forum@lists.spline.inf.fu-berlin.de https://lists.spline.inf.fu-berlin.de/mailman/listinfo/ipoa_forum _______________________________________________ Ipoa_forum mailing list Ipoa_forum@lists.spline.inf.fu-berlin.de https://lists.spline.inf.fu-berlin.de/mailman/listinfo/ipoa_forum _______________________________________________ Ipoa_forum mailing list Ipoa_forum@lists.spline.inf.fu-berlin.de https://lists.spline.inf.fu-berlin.de/mailman/listinfo/ipoa_forum