Lieber Sascha Foerster, schön, dass Sie eine freie Veröffentlichung anstreben (auch wenn die Embargofrist nicht schön ist). Nicht als Rechtsberatung, aber als praktischer Rat ein paar Gedanken dazu: > 1. Welche Lizenz ist für unseren Fall empfehlenswert? Wir tendieren > zu einer möglichst offenen CC-Lizenz, aber darf sie „kommerzielle > Verwertung“ beinhalten, wenn unser Verlag für den Druck die Rechte > hat? Wir steht es um Abwandlungen und Bearbeitungen unseres Werkes? > Müssen nicht die Autoren selbst nochmal dazu ihre Zustimmung geben? Ich weiß nicht, was in Ihrem Vertrag mit dem Verlag steht, aber wenn der Verlag spätestens ab Ablauf des ersten Jahres keine exklusiven Rechte hält, dann spricht das kommerzielle gedruckte Angebot des Verlags nicht gegen eine echte Open-Access-Lizenz, die auch kommerzielle Nachnutzung durch Dritte erlaubt. "Die" Rechte ist in diesem Fall ja etwas unspezifisch: Sie räumen dem Verlag Rechte ein, die anscheinend für einen bestimmten Zeitraum exklusiv sein sollen. Danach wird der Verlag, davon gehe ich aus, ja die Rechte als einfache Nutzungsrechte behalten, nur dass jetzt eben auch andere (alle) Nutzer/innen qua Veröffentlichung unter einer freien Lizenz bestimmte, ebenfalls nicht-exklusive Rechte erhalten. Welche Lizenz am besten ist, müssen Sie natürlich für sich entscheiden. Welche Lizenz am ehesten dem Open-Access-Gedanken Rechnung trägt? Es ist in der Theorie umstritten, und in der Praxis gibt es schwer überschaubaren Wildwuchs und absichtlich oder unabsichtlich falsch benutzte Begriffe. Meine Empfehlung: Folgen Sie Ihrem Plan mit der möglichst offenen CC-Lizenz, was im Moment für Sie wohl https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/ ist - kein Ausschluss kommerzieller Nutzung, kein Ausschluss von Bearbeitungen. Das entspricht dem, was in der Berliner Erklärung zu Open Access gefordert ist. Wenn Sie die Texte unter einer CC-BY-Lizenz veröffentlichen, dann sind die Texte frei, und das spätere Einholen einer Genehmigung für Veränderungen, Nachnutzungen etc. ist unnötig geworden. Dies bedeutet aber auch, dass die Urheber/innen dieser Lizenz zustimmen müssten. (s.u.) > 2. Neben den Herausgebern (6) gibt es noch etwa 25 Autoren, von > denen wir eine allgemeine Einwilligung zur Publikation haben. Reicht > diese Einwilligung auch für eine Online-Publikation unter > Open-Access-Lizenz oder benötigen wir eine zusätzliche Einwilligung > der Autoren dafür? Sie sollten die explizite Erlaubnis der Autor/innen einholen und, wenn die Zeit jetzt noch ausreicht, von Anfang an in die Einwilligung zur Publikation aufnehmen. (Wenn Sie die Genehmigung jetzt nicht mehr von allen Autor/innen bekommen, dann könnten Sie über einen im Umfang reduzierten Band, der nur die freien Beiträge enthält, nachdenken.) > 3. Wie steht es um die Vergütungsansprüche der VG-Wort in diesem > Fall? Soweit ich weiß, hat die VG Wort sich selber nie offensiv dazu positioniert. Allerdings greift der Lizenztext der Creative Commons 3 den Fall auf: Die Vergütungsansprüche bleiben unberührt, weder erlöschen sie gegenüber der VG Wort, noch können Nachnutzer/innen die Texte bei der VG Wort ersatzweise geltend machen: https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/legalcode: > 3. Einräumung von Nutzungsrechten > … > e. Bezüglich Vergütung für die > Nutzung des Schutzgegenstandes gilt Folgendes: > > i. Unverzichtbare gesetzliche Vergütungsansprüche: Soweit > unverzichtbare Vergütungsansprüche im Gegenzug für gesetzliche > Lizenzen vorgesehen oder Pauschalabgabensysteme (zum Beispiel für > Leermedien) vorhanden sind, behält sich der Lizenzgeber das > ausschließliche Recht vor, die entsprechende Vergütung einzuziehen > für jede Ausübung eines Rechts aus dieser Lizenz durch Sie. > 4. Welche Plattformen/Archive/Verzeichnisse sind für unseren Zweck > geeignet? Vielleicht hilft Ihnen ein Blick hierhin: http://open-access.net/de/oa_in_verschiedenen_faechern/geschichtswissenschaften/ http://www.opendoar.org/ http://roar.eprints.org/ Generell sollten Sie darüber nachdenken, auch die einzelnen Beiträge gesondert zu veröffentlichen, da diese vermutlich passender zu vielen Recherchen sind als der gesamte Band. Ein Beispiel für einen freien Sammelband, der in einem fachlichen Repositorium erschienen ist, finden Sie hier: Jens Elze, Zuzanna Jakubowski, Lore Knapp, Stefanie Orphal, Heidrun Schnitzler (Hg.): Möglichkeiten und Grenzen der Philologie, 2011 Gesamtband: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:30-106620 Beispiel eines Aufsatzes: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:30-106828 Portalseite: http://www.fsgs.fu-berlin.de/aktivitaeten/dokumentation/M__glichkeiten_und_Grenzen_der_Philologie/Tagungsband/index.html Viel Erfolg und freundliche Grüße Marco Tullney -- https://userpage.fu-berlin.de/~tullney