Lieber Herr Nix, auch wenn meine Antwort nicht zu 100% auf Ihre Fragen passen wird, ist sie vielleicht dennoch von Interesse für Sie und auch andere Mitlesenden: An der TU Berlin bieten wir seit Kurzem als UB eine Art Full Service für Zweitveröffentlichungen an; das Angebot richtet sich an wissenschaftliche MitarbeiterInnen der TU. Das
heißt, wir prüfen im Auftrag gesamte Publikationslistene einzelner AutorInnen, fragen Rechte bei Verlagen an und übernehmen das Einstellen auf dem Repositorium. In einigen Fällen setzt dies zunächst die Digitalisierung älterer Beiträge voraus, hier haben wir
Unterstützung von unserer hausinternen Digitalisierungsabteilung. AutorInnen müssen sich „nur“ um die Zustimmung etwaiger KoautorInnen bemühen; alles weitere nehmen wir ihnen so gut wie möglich ab. Zu Ihrer Fragen bzgl. Haftungsfreistellung: Sofern die Rechteprüfung
durch die UB vorgenommen wurde, nehmen wir die Autorinnen natürlich nicht in die Haftung, sollten Probleme auftreten. Aufgrund der von Ihnen nahezu vollständig aufgelisteten Probleme ist aus unserer Sicht das Zweitveröffentlichungsrecht in der derzeitigen Ausprägung nicht viel wert. Wenn wir
die Rechteprüfung durchführen, durchlaufen wir (momentan) in dieser Reihenfolge die folgenden Schritte: 1.
Prüfen, ob es konkrete Angaben auf der Verlagswebseite gibt 2.
Nachfrage bei Verlag direkt (einfache NR für Verlagsversion) 3.
Prüfen, ob es aufgrund der Lizenzbedingungen aus Allianz- und Nationallizenzen besondere OA-Rechte gibt 4.
Prüfen ob sich AutorIn auf 38(4) berufen kann Wie Sie sehen ist 38(4) für uns die Notlösung: Wir bieten einen umfassenden OA-Service für alle Publikationen -- nicht nur für solche ab 2014 und nicht nur für Zeitschriftenbeiträge.
Wir haben also keinen systematischen Service für die Umsetzung von 38(4), wonach Sie ja eigentlich gefragt hatten. Frage 4 können wir in der UB im Regelfall nicht ohne Hilfe der AutorInnen beantworten, welche wir mit unserem Angebot aber so gut wie möglich
entlasten wollen und daher nur in Ausnahmen noch mal nachfragen (bspw. bzgl. Projektförderung). Die bisherige Erfahrung zeigt, dass es noch immer schwierig ist, an die Postprints zu kommen. Auch deswegen ist 38(4) so wenig hilfreich. Ich kann nur hoffen, dass wir die AutorInnen
für die Zukunft immer besser sensibilisieren, die Versionen aufzuheben – oder aber die Regelung noch mal angepasst wird und dann auch Verlagsversionen zulässt. In Hinsicht auf Ihre Frage zu 38(4) und einem Verlagsvertrag nach ausländischem Recht: Wie Sie richtig anmerken, streiten sich hier die juristischen ExpertInnen. Als OA-Bibliothekarin
würde ich daher die Gegenfrage stellen: Warum das ZweitverwertungsRECHT maximal eng auslegen bei der Umsetzung? So lange hier kein Prozess geführt wurde, sollte man m.E. ruhig mutig sein. Kennen Sie den Flyer vom Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V. zu dem Thema? Online verfügbar unter
http://www.urheberrechtsbuendnis.de/docs/zvr-folder-2015-a4.pdf -- er enthält auch einen Hinweis zur Auslegung der Frage nach ausländischen Verträgen: „Die Publikation muss ein in
Deutschland erschienener wissenschaftlicher Artikel in einer Fachzeitschrift sein.“ Ich hoffe, diese Antwort ist für Sie trotz allem relevant. Und ich hoffe, dass sich weitere OA-Aktive on-list äußern, auch uns würden die Erfahrungen zu den von Ihnen gestellten
Fragen interessieren! Beste Grüße aus Berlin Michaela Voigt --
Michaela Voigt Digitales Repositorium / Open Access Technische Universität Berlin Universitätsbibliothek Abt. Universitätsverlag/Hochschulschriften Fasanenstr. 88, 10623 Berlin Tel.: +49 (0)30 314 76130 Fax: +49 (0)30 314 76133 http://opus4.kobv.de/opus4-tuberlin Von: Sebastian Nix [mailto:sebastian.nix@wzb.eu]
** Doppelempfang bitte ich zu entschuldigen. ** Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, seit dem 1.1.2014 ermöglicht das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) ja bekanntlich aufgrund der Regelungen in seinem §38 (4) die Zweitveröffentlichung insbesondere von wissenschaftlichen Zeitschriftenaufsätzen unter bestimmten Voraussetzungen. Es handelt sich hierbei um ein den AutorInnen der gem. §38 (4) UrhG prinzipiell „zweitveröffentlichungsfähigen“ Texte persönlich zustehendes Recht, das diese selbst wahrnehmen können. In diesem Zusammenhang würde mich Folgendes interessieren: - Gibt es in Ihren Einrichtungen bereits Erfahrungen mit einer systematischen Zweitveröffentlichung von Texten auf der Basis von §38 (4) UrhG? - Inwieweit bieten die Bibliotheken oder sonstige Service-Einrichtungen einer Institution hier
spezifische, institutionelle Services an, beginnend bei der Beratung der AutorInnen bis hin zur Übernahme aller operativen Schritte der Zweitveröffentlichung (z.B. über institutionelle oder fachliche Repositorien)? - Falls Bibliotheken oder sonstige Service-Einrichtungen einer Institution operativ Texte auf der Basis von §38 (4) UrhG zweitveröffentlichen: * Auf welcher Grundlage geschieht dies? Bei §38 (4) UrhG handelt es sich ja um ein einfaches Nutzungsrecht, das m.E. nicht an Dritte übertragen werden kann. * Werden AutorInnen seitens ihrer Institution von der Haftung freigestellt für den Fall, dass ihre Texte im Rahmen eines institutionellen Services – bspw. der Bibliothek – auf Basis von §38 (4) zweitveröffentlicht werden und dass dann ggf.
von dritter Seite zu Lasten der betroffenen AutorInnen gegen die Zweitveröffentlichung geklagt wird? - Wie verfahren Sie an Ihrer Einrichtung mit gem. §38 (4) UrhG „zweitveröffentlichungsfähigen“ Texten in solchen Fällen, in denen ein
Verlagsvertrag nach ausländischen Recht abgeschlossen wurde? Hier ist m.W. ja strittig, ob in einem solchen Fall die Klage eines Verlags vor einem ausländischen Gericht gegen eine Zweitveröffentlichung auf Basis von §38 (4) UrhG Aussicht auf Erfolg hätte. - Wie gehen Sie mit der Tatsache um, dass nur solche Beiträge „zweitveröffentlichungsfähig“ sind, die auf „einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit“ basieren, dass aber in der Begründung zum Gesetzestext
die grundfinanzierte Hochschulforschung gerade nicht unter diese Regelung fallen soll (was ja strittig ist)? Diese Frage stellt sich z.B., wenn Forschende an einer Hochschule und an einer überwiegend öffentlich finanzierten Forschungseinrichtung zu gleichen
Teilen gemeinsam einen Aufsatz auf Basis von grundfinanzierter Forschung an ihren Einrichtungen publizieren. - Ist die Forschung an überwiegend öffentlich finanzierten,
außeruniversitären Einrichtungen grundsätzlich privilegiert im Sinne von §38 (4) UrhG – auch dann, wenn z.B. Forschende zwar bei einer solchen Einrichtung angestellt sind, ihre konkrete Stelle aber vollständig über private Drittmittel (z.B. Stiftungsmittel)
finanziert wird? Im Übrigen möchte ich anmerken, dass mir die – bereits sehr hilfreichen! - FAQ der Allianz der Wissenschaftsorganisationen zum Zweitveröffentlichungsrecht (http://bit.ly/1wH1rqM) bekannt sind, dass sie
aber die o.g. Fragen m.E. nicht vollständig beantworten. Zudem geht es mir vor allem auch um konkrete, institutionelle Praxiserfahrungen mit §38 (4) UrhG, auch i.S. von Checklisten, Workflows usw. Über jede Hilfe und jeden Fingerzeig würde ich mich freuen - danke dafür vorab! Mit freundlichen Grüßen, Sebastian Nix ----- Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung Leiter Bibliothek und wissenschaftliche Information Sebastian Nix Reichpietschufer 50 10785 Berlin Tel.: +49-30-25491-518 Fax: +49-30-25491-533 E-Mail:
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