Sehr geehrter Herr Müller,
On 25.10.2015 17:30, Dr. Frank J. Müller wrote:
> Sehr geehrte Damen und Herren,
> ich bin gerade dabei eine Online- und Buchpublikation zu konzipieren
> und habe diesbezüglich ein paar Fragen, die mit den Rechtefragen
> zusammenhängen.
> Es handelt sich um eine Veröffentlichung im Bereich der
> Integrationspädagogik, wo in kurzer Zeit 20 Professor/-innen in den
> Ruhestand gegangen sind.
Für Ihr Vorhaben, im Buch bzw. auf der Webseite bereits woanders
veröffentlichte Artikel erneut zu veröffentlichen, sollten Sie für jeden
Beitrag zwei Aspekte beachten;
a) wie die jeweilige vertragliche Vereinbarung zwischen Autor/in und
Verlag ausgesehen hat (wenn es überhaupt einen schriftlichen oder
mündlichen Vertrag gegeben hat) und
b) welche Regelungen das Urhebergesetz hergibt.
Ich gehe davon aus, dass es jeweils um von den Autor/innen gewünschte
Zweitveröffentlichungen geht und also geprüft werden muss, ob diese
jeweils in der Lage sind, einer Zweitveröffentlichung zuzustimmen,
Ihre Frage, bei wem die "Rechte von Zeitschriftenbeiträgen" liegen, kann
deshalb auch nicht so einfach beantwortet werden - vielleicht sind die
Rechte durch die Autor/innen an einen Verlag in einer Weise übertragen
worden, die es notwendig macht, das Einverständnis des Verlags als
Rechteinhaber einzuholen; vielleicht sind die Rechte nur implizit
übertragen worden (§38 (1) und (2) UrhG) in einer Weise, die den
Autor/innen jetzt eine Zweitveröffentlichung ermöglicht; vielleicht
(eher unwahrscheinlich für den Kontext, den Sie nennen) sind die Rechte
auch nur als "einfache Nutzungsrechte" an den Verlag übertragen worden,
so dass die Autor/innen ohnehin noch über das Recht zur erneuten
Veröffentlichung verfügen.
Beiträge freizukaufen, finde ich auch nicht sehr sinnvoll; ich vermute,
dass es auch nicht nötig sein wird (weil die Autor/innen die Rechte noch
besitzen oder auf Nachfrage gratis vom Verlag erhalten). Wenn Sie mit
Verlagen über Gewährung oder Rückübertragung von Rechten sprechen,
sollten Sie jeweils auch über das Recht, die Beitrage dann unter einer
CC-Lizenz zu veröffentlichen, sprechen.
Auch bei Verlagen, die keine Kontaktadresse mehr haben, müsste sich ja
aufklären lassen, was aus dem Verlag geworden ist - Erben, Schuldner,
Rechtsnachfolger... die Rechte des Verlags sollten vermutlich nicht
einfach verschwunden sein.
Falls die Autor/innen dazu in der Lage sind (das hängt von der
jeweiligen Situation des Beitrags ab, s.o.), eine freie Nutzungslizenz
zu vergeben, würde ich Ihnen CC BY empfehlen, dies ist auch im Einklang
mit den Empfehlungen von Wissenschaftsorganisationen und Förderern. Erst
recht natürlich für Texte, die erstmals veröffentlicht werden (Ihr Buch
bzw. dessen Kernbestandteile).
Alle diese Aspekte sind nicht trivial, und vielleicht denken Sie noch
über eine Alternative nach:
Mir leuchtet nicht ein, warum Sie die Beiträge, gerade wenn viel Aufwand
einfließt in die Klärung der Rechtslage, eventuelle Aufbereitungen der
Dateien etc., dann "auf der Webseite" bereitstellen wollen - ein Ort,
der nicht gut sichtbar ist, nicht ohne weiteres an eine Form der
Langzeitarchivierung angeschlossen ist, nicht sehr viel Reputation
außerhalb vielleicht des engen Umfelds mit sich bringt etc. Sie könnten
alternativ überlegen, die Beiträge über ein fachlich passendes
Repository zu veröffentlichen, z.B. pedocs oder SSOAR. Die Kolleg/innen
bei Repositorien haben häufig mit der Klärung derartiger
Zweitveröffentlichungsrechte zu tun und könnten Sie vermutlich gut
unterstützen. Am Ende hätten Sie Zweitveröffentlichungen, die sichtbar,
dauerhaft archiviert und über eine stabile Adresse referenzierbar sind -
wohin dann auch ihre Webseite verlinken könnte.
Mein erster Rat wäre also: Prüfen Sie, ob ein Repository fachlich in
Frage kommt (und welches), und sprechen Sie dann mit den Kolleg/innen dort.
Hinweise zu Zweitveröffentlichungsrechten finden Sie auch auf der
Plattform open-access.net:
https://open-access.net/informationen-zu-open-access/rechtsfragen/bereitstellen-von-dokumenten-in-repositorien/
https://open-access.net/informationen-zu-open-access/rechtsfragen/
Viel Erfolg und viele Grüße
Marco Tullney
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