Lieber Herr Putnings,
auch bei uns schlägt predatoryreports.org hohe Wellen und ich bekomme regelmäßig besorgte Anfragen von Forschenden bezüglich MDPI und Frontiers.
Es ist unklar, wer hinter predatoryreports.org steckt und was das Ziel sein soll und es werden keine konkreten Kriterien genannt, auf die sich die Einschätzungen von Zeitschriften oder ganzen Verlagen als "predatory" stützen. Daher kann ich die Seite nicht ernst nehmen. Aber auch aus prinzipiellen Überlegungen ignorieren wir Negativlisten aller Art und empfehlen das auch unseren Autor:innen. Es ist sinnvoller und völlig ausreichend, sich auf Positivlisten wie das DOAJ zu fokussieren. In Zweifelsfällen muss man eben selbst genauer hinschauen und eine Zeitschrift anhand von Kriterien wie z.B. von Think!Check!Submit! prüfen. Wie wir das an der TIB machen, haben wir kürzlich beschrieben: https://doi.org/10.11588/ip.2022.1.92475
Die TU9-Bibliotheken haben im letzten Jahr einen Survey durchgeführt, der sich mit der Wahrnehmung von Qualitätssicherungsprozessen beim wissenschaftlichen Publizieren bei den wichtigsten Open-Access-Verlagen beschäftigt. Der Final Report der Studie wurde unter https://doi.org/10.5281/zenodo.7612113 veröffentlicht. Zu MDPI und Frontiers wurden im Wesentlichen die bekannten kritischen Punkte identifiziert, aber das ist nicht ausreichend, um die Verlage pauschal als "predatory" zu bezeichnen.
Wir beobachten die Entwicklungen im Publikationswesen (nicht nur bei Frontiers und MDPI) kritisch, aber wir sehen überhaupt keinen Anlass, aufgrund einer dubiosen Website unsere Beratungspraxis oder unsere Förderkriterien zu ändern.
Viele Grüße
Stefan Schmeja
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Dr. Stefan Schmeja
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stefan.schmeja@tib.eu<mailto:stefan.schmeja@tib.eu>
https://www.tib.eu<https://www.tib.eu/>
https://orcid.org/0000-0001-6130-9472
Von: Putnings, Markus [mailto:markus.putnings@fau.de]
Gesendet: Montag, 17. April 2023 11:44
An: ipoa-forum@lists.fu-berlin.de
Betreff: [IP-OA_Forum] Einschätzung PredatoryReports.org
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
da mich in letzter Zeit einige Forschende auf die vermeintlich "neue" Plattform https://predatoryreports.org hinweisen und Befürchtungen wg. Frontiers und MDPI mitteilen:
hat sich schon jemand näher mit der Plattform beschäftigt und kann eine Einschätzung geben?
Soweit ich von der Liste her beim Überfliegen sehe, ist es ziemlich 1:1 die alte Beall´s List wie auch unter https://beallslist.net/ bzw. vormals https://beallslist.weebly.com/ angelegt und minimal fortgepflegt.
Neu ist eine Art Newssektion<https://predatoryreports.org/news> mit "Blogbeiträgen", die teils die Entscheidungen begründen. U.a. um diese und deren Transparenz, Aussagekraft sowie pauschale Anwendung würde es mir gehen.
Mit Blick auf Frontiers<https://predatoryreports.org/news/f/is-frontiers-media-a-predatory-publisher?blogcategory=Frontiers> sind das teils alte Informationen von 2015 (zur Zeit von Beall) und einige neue, punktuell zu/von bestimmten Frontiers-Zeitschriften und -Artikeln.
Die Entscheidung zu MDPI<https://predatoryreports.org/news/f/list-of-all-mdpi-predatory-publications?blogcategory=MDP> basiert auf drei weiteren Blogbeiträgen, u.a. Selbstzitationen und Fehlverhalten in einzelnen Zeitschriften.
Ich bin kein Bibliometrieexperte, aber soweit ich sehe (z.B. hier<https://doi.org/10.1007/s11192-021-03995-y> für Selbstzitationen, hier<https://retractionwatch.com/the-retraction-watch-leaderboard/top-10-most-highly-cited-retracted-papers/> für Retractions bzw. problematische Inhalte, etc.), gibt es auch in anderen "traditionellen" Verlagen ähnliche Einzelfälle, ohne dass sie unter Pauschalverdacht auf der Liste landen?
Entsprechend würde ich wohl weiterhin beim DOAJ als Whitelist und unseren Förder<https://ub.fau.de/forschen/open-access/open-access-foerderung-ub/#collapse_0>- und Qualitätskriterien<https://ub.fau.de/forschen/open-access/qualitaetskriterien-bei-open-access-verlagen/> bleiben, sofern niemand von Expertenseite die Pauschaleinstufung mit Blick auf die Blogeinträge etc. als wahr bzw. das "deutlich-stärker-predatory-sein" als andere bzw. klassische Verlage, die wir so fördern, unterfüttert.
Freundliche Grüße
Markus Putnings
P.S. Entschuldigung, dass ich das Fass wieder aufmache, es gab u.a. ja 2019 schon einmal eine längere Diskussion auf IPOA dazu - wie gesagt, mir geht es primär um die Einschätzung, ob die Plattform https://predatoryreports.org irgendwelche neuen Erkenntnisse bringt, die man beachten müsste bzw. sollte. Und falls nicht, dann schlägt die Frage aber ggfs. trotzdem an anderen Universitäten auch auf und man kann entsprechend antworten.
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Mein Pronomen ist er/ihm, als Anrede bspw. "Herr Putnings". Damit ich auch Sie richtig ansprechen kann, freue ich mich, wenn Sie mir Ihr gewünschtes Pronomen mitteilen.
My pronoun is he/him, as formal address accordingly e.g. "Mr Putnings". In order to be able to address you with the correct gender form, I would be pleased if you would also let me know your pronoun.
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Markus Putnings, Dipl. Wirt.-Inf.
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