Sehr geehrte Frau Vieler, liebe
Kolleginnen und Kollegen,
ResearchGate (RG), Mendeley, Academia etc. sind soziale Netzwerke
für Wissenschaftler, so werden sie von Wissenschaftlern genutzt
und angesehen.
Das bedeutet, dass dort das greift, was in den Autorenverträgen
über die Verwendung der Publikationen in Richtung soziale
Netzwerke angegeben ist. RG etc. werden nicht als Repositorien
betrachtet, sondern als Austausch in Forschergruppen etc.
Entscheidend sind die Autorenverträge und was dort in dieser
Hinsicht geregelt ist: zum Beispiel, ob das Hochladen in einer
Forschergruppe mit der akzeptierten Version möglich ist und wie
das aussehen sollte. Der Autor nimmt also immer Bezug auf das, was
in seinem Autorenvertrag angegeben ist.
Wir als Einrichtung haben damit nichts zu tun. Was die
Wissenschaftler in RG tun, darauf haben wir keinerlei echten
Einfluß. Umgekehrt können wir auch dort nichts löschen, das müssen
die Wissenschaftler selbst tun. Insofern gibt es für uns als
Einrichtung keine Take-Down-Notice etc.
Unsere Beratung spielt sich in diesem Kontext ab. Bei Anfragen
besprechen mit den Autoren also, was in deren Autorenvertrag
geregelt ist und was an Regelungen sich auf den Webseiten der
jeweiligen Zeitschrift findet.
Wichtig in diesem Zusammenhang:
In ResearchGate, Mendeley wie Academia kann man immer noch
problemlos nur einen Eintrag machen und muss keineswegs das Paper
komplett hochladen! Dies wird auch durchaus hier an meiner Uni so
praktiziert.
Die Verlage wissen trotzdem natürlich, dass hier in großem Maße
Artikel ausgetauscht und gelesen werden. Aber andererseits wollen
die Verlage die Wissenschaftler auch nicht wirklich behindern, es
sind ja ihre Autoren. Insofern habe ich im Bezug auf meine
Universität von großflächigen Rückrufaktionen von Verlagen bislang
nichts gehört.
Eher wird die Nutzung von Lehr/Lernplattformen hier von den
Verlagen beäugt, das steht wesentlich stärker im Focus, habe ich
den Eindruck.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe ein Anliegen, dass nur indirekt unsere eigene Arbeit an
der UB Leipzig betrifft, welches aber vermehrt als Frage aus der
Wissenschaft an uns herangetragen wird:
Es geht um die Legalität von Zweitveröffentlichungen auf Portalen
wie Researchgate(RG) oder Academia. Wir empfehlen natürlich immer
die Nutzung unseres Publikationsservers anstelle dieser
geschlossenen, kommerziellen Plattformen, dennoch möchten die
Wissenschaftler_innen Ihre Volltexte (zusätzlich) Ihren jeweiligen
Profilen hinzufügen. In der Vergangenheit konnte man zumindest bei
RG immer noch Volltexte verlinken (also auch auf eine Version auf
einem institutionellen Repo.), das geht nun aber schon seit einer
ganzen Weile nicht mehr - die einzige Möglichkeit der
Volltextbereitstellung in RG ist der Upload einer Datei.
Aus meiner laienhaften Sicht gibt es dabei zwei potentielle
Konfliktpunkte:
1. Die Anzahl der bereitgestellten Kopien: Wenn wir einen
Postprint mit allen erfüllten Auflagen (Verweis zur Verlagsversion
etc. pp.) bereits über unseren Publikationsserver bereitstellen,
darf eine weitere Kopie der Datei woanders bereitgestellt werden?
-> Widersprechen dem die Policies der Verlage?
-> Widerspricht dem das UrhG?
Hier kann ich eigentlich keine Konflikte ausmachen, weder ist mir
eine Verlagspolicy bekannt, die die Anzahl der erlaubten
bereitgestellten Dateien limitiert, noch kann ich das aus dem UrhG
herauslesen. Gibt es dazu andere Meinungen, Urteile, Erfahrungen
oder Interpretationen? Habe ich etwas übersehen? Dieser Punkt
betrifft ja nicht nur RG und co. sondern ggf. auf eine
Bereitstellung auf fachspezifischen Repositorien, Homepages etc.
...
2. und aus meiner Sicht problematischer, die potentielle
kommerzielle/gewerbliche Natur der Plattformen:
--> Im UrhG
§38 (4) wird der gewerbliche Zweck der digitalen
Bereitstellung explizit ausgeschlossen. Meint das den Zweck, den
der Autor verfolgt (und dann wäre es OK?) oder den Zweck, den die
jeweilige Plattform verfolgt? Im zweiten Fall könnte man sich bei
einer Publikation unter Berufung auf das UrhG NICHT über
RG/Academia ausführen?
--> Daneben müsste man die Policies der Verlage betrachten, da
man sich ja nicht immer auf das UrhG beruft bzw. berufen muss oder
kann. Ich greife hier zwei Beispiele auf:
a. http://www.springer.com/gp/open-access/authors-rights/self-archiving-policy/2124
Auf den ersten Blick gibt es hier keinen Ausschluss kommerzieller
Nutzung oder gewerblicher Zwecke für die Bereitstellung von
Postprints. Allerdings frage ich mich, ob die Formulierung "any
repository" nicht auch RG und co. ausschließen könnte? Gibt es
eine rechtsgültige Definition des Begriffes "repository"?
b. https://www.elsevier.com/about/company-information/policies/sharing
Hier ist die Formulierung eindeutiger: "via non-commercial hosting
platforms such as their institutional repository", also explizit
nur nicht-kommerzielle Plattformen. Daher würde ich davon
ausgehen, dass auch bei Einhaltung aller Auflagen und Embargos
eine Bereitstellung von Postprints des Elsevier-Verlags über
RG/Academia nicht von der Policy gedeckt wäre (hierzu gab es ja
auch im letzten Herbst in diesem Forum schon einen kurzen
Austausch...).
Wäre also die Antwort: "Wahrscheinlich darf man nichts hochladen,
was in einem closed access Journal erschienen ist... "?
Und was kann Schlimmes passieren, wenn es doch jemand tut? Eine
"Take-Down-Notice" des Verlags? Kennt jemand Fälle, in denen das
geschehen ist, und wenn ja, mit welchen Konsequenzen
(Anwaltskosten?, Mahngebühren?) ist das verbunden? Ist es nicht
vielmehr so, dass die Verlage derzeit die Volltexte in RG/Academia
tolerieren? Mir ist nur der in 2013 durch die Presse gewanderte
Casus Elsevier/Academia bekannt - dabei ging es aber wohl um
Verlags-Versionen (http://www.wired.co.uk/article/elsevier-versus-open-access).
Eine pragmatische wenn auch leicht umständliche Empfehlung für
Ängstliche wäre vielleicht der Upload von Abstracts oder
vergleichbarer Dummy-Dateien auf RG/Academia, und dann die
Verlinkung (wenn eine Datei da ist, dann kann man auf RG auch
verlinken) per URN oder DOI zum Postprint.
Ich bin gespannt auf Ihre Einschätzungen und Meinungen.
Herzliche Grüße aus Leipzig und ein schönes Wochenende,
Astrid Vieler
--
Dr. Astrid Vieler
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Herzliche Grüße
Karin Zwiesler
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