Re: [IP-OA_Forum] Open-Access-Publikationsfonds und Predatory Publisher "Science and Education Publishing" (SciEP)

[Klaus Graf <klausgraf@googlemail.com>]

Eine grundsätzliche Anmerkung:

Auch ohne ordnungsgemäßes Review kann es sich um einen wertvollen Artikel handeln.

Es gibt immer noch renommierte geisteswissenschaftliche und juristische Zeitschriften ohne Peer Review im naturwissenschaftlichen Sinn, bei denen die Herausgeber über die Aufnahme entscheiden. Das war in den Geisteswissenschaften bis in die jüngere Vergangenheit das einzige Verfahren der Qualitätssicherung.

Predatory Journals gilt es durch Information der WissenschaftlerInnen im Vorfeld der Publikation zu bekämpfen.

Auszahlungen aus Publikationsfonds einer Universität unterliegen den Regel des öffentlichen Rechts, wobei sowohl der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes zu beachten ist (was sinnvolle Differenzierungen aber nicht ausschließt) als auch die Wissenschaftsfreiheit des Grundgesetzes tangiert ist. Bei den juristischen Diskussionen um OA dominiert leider die Position, dass der Wissenschaftler frei entscheiden darf, wo und wie er publiziert. Es erscheint mir nicht hinnehmbar, einen womöglich qualitätvollen Artikel von einer Förderung auszuschließen, nur weil er in einem von uns nicht als akzeptierten Journal erschienen ist.

Die geringsten Schwierigkeiten treten auf, wenn die Kosten beglichen werden und dem Wissenschaftler für die Zukunft ein anderes Vorgehen nahegelegt wird.

Jede Art von Einschränkung muss auf den Internetseiten des Publikationsfonds transparent gemacht werden, wobei aber trotzdem Probleme im Zusammenhang mit der Wissenschaftsfreiheit nicht ausgeräumt sind.

Klaus Graf

Am Di., 3. März 2020 um 14:58 Uhr schrieb Verena Wohlleben <v.wohlleben@sulb.uni-saarland.de>:

Liebe Liste,

einer unserer Autoren möchte die Publikationsgebühren für zwei Artikel im "World Journal of Chemical Education" (http://www.sciepub.com/journal/WJCE) aus unserem DFG-geförderten Publikationsfonds erstattet bekommen. Die Artikel sind bereits akzeptiert und vom Autor bezahlt (jeweils 350 USD pro Artikel). Da wir in Saarbrücken keine Rechnungen bezahlen, sondern ausschließlich Kosten erstatten, erfahren wir in der Regel erst nach Zahlung der Verlagsrechnung von einer Veröffentlichung und können daher im Vorfeld nicht immer informieren bzw. von der Einreichung abraten. 

Da dies unser erster Fall ist, interessieren uns die Erfahrungen in Ihren Einrichtungen: Haben Sie bereits Artikel von Journals/ Verlagen, die als Predatory Journals/ Publisher angesehen werden, aus dem Publikationsfonds gefördert? Prinzipiell könnte der Artikel, auch wenn er in einem fragwürdigen Journal erschien, seriös sein. Daher bestünde ggf. auch die Möglichkeit, Autoren um einen Nachweis zu bitten, dass eine angemessene Review durchgeführt wurde und dann fallweise doch zu erstatten. Auch wenn es problematisch sein könnte festzustellen, ob die Review angemessen war: Hatten Sie ähnliche Fälle und wie gingen Sie damit um?


Viele Grüße
Verena Wohlleben

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