Liebe Kolleg:innen, lieber Herr Kammerer, liebe Michaela,
die implizite Anregung, die Rechtesituation auf Repositorien klarer und
verständlicher anzugeben, finde ich sehr wichtig. Zumindest aus meiner
Beratungs- und Schulungspraxis mit Forschenden kann ich mit recht großer
Sicherheit sagen, dass der Großteil der Forschenden die uns bekannten
Rechtehinweise weder versteht noch deren Hintergründe kennt. Die Rights
Statements bspw. sind sicher technisch geeignet, nicht aber gleichfalls
für das Verständnis durch menschliche Nutzer:innen.
Den Hinweis von Michaela, dass „zusätzliche Erläuterungen zur
rechtlichen Dimension für Nutzende“ zusätzlich zu den Anforderungen aus
dem DINI-Zertifikat optional möglich sind, finde ich daher sehr wichtig
– und möchte eine Frage anschließen: Wäre es möglich oder zumindest
denkbar, das DINI-Zertifikat in diesem Aspekt (M.4-10) zu ergänzen durch
einen Zusatz, der über die Anforderung der Maschinenlesbarkeit der
Rechtesituation auch erfordert, dass die Angaben auch menschenlesbar und
-verständlich ist?
In der Sache ist, wie Herr Kammerer schon hinwies, zu trennen, ob das
Werk urheberrechtlich geschützt oder gemeinfrei ist, sowie ob im Falle
des Bestehens urheberrechtlichen Schutzes Nachnutzungsrechte an die
Allgemeinheit eingeräumt wurden. Oft geht dies aus Rechteangaben nicht
eindeutig und einfach verständlich hervor. Ich würde annehmen, dass aus
Nutzungssicht insbesondere die Frage der Nutzung relevant ist, also
salopp die Frage ‚Was darf ich mit dem Werk tun?‘. Ich wage mal einen
ersten Versuch für Rechteerläuterungen für drei unterschiedliche
Szenarien, die die üblichen Fälle abdecken sollten:
– bestehender urheberr. Schutz, keine Nachnutzungsrechte: Dieses Werk
ist urheberrechtlich geschützt. Eine Nutzung ist nur entsprechend des
Urheberrechts, insbesondere der urheberrechtlichen Schranken, erlaubt.
[ggf. weitergehende Erläuterung des Nutzungsumfangs; z.B. dass Lesen,
Herunterladen natürlich erlaubt ist]
– bestehender urheberr. Schutz, Nachnutzungsrechte/offene Lizenz: Dieses
Werk ist urheberrechtlich geschützt. Das Werk ist mit einer offenen
Lizenz versehen, die eine freie Nutzung nach folgenden Maßgaben erlaubt:
[Lizenzhinweis/Erläuterung]
– gemeinfrei: Dieses Werk ist gemeinfrei; es ist nicht oder nicht mehr
urheberrechtlich geschützt. Eine Nutzung ist für weitreichende Zwecke
ohne Einholung einer Erlaubnis möglich. [ggf. weitergehende Erläuterung
der Bedeutung sowie dass natürlich nicht ‚alles‘ geht, weiterhin andere
Rechtsbereiche greifen]
Auch diese Angaben setzen natürlich noch ein gewisses Grundwissen des
Urheberrechts voraus (was sich prinzipiell nicht ändern lässt) und
müssten auf rechtliche Bedeutung, wie beispielsweise bei der
Gemeinfreiheit im Kontext verschiedener Jurisdiktionen, geprüft werden
(wobei m.E.n. hier kein Unterschied zur Verwendung der Rights Statements
besteht). Das Ziel einer möglichst einfachen Sprache wäre aber dennoch
sinnvoll. Nicht zuletzt spielt auch die gestalterische Umsetzung auf den
Webseiten der Repositorien eine wichtige Rolle; hier gibt es ja
unterschiedliche Lösungen. Jedenfalls würde ich mich über weitere
Anregungen und/oder Versuche solcher Erläuterungen freuen. (Und möchte
darauf hinweisen, dass das OAN Forum [https://forum.open-access.network]
für solche Themen vielleicht noch besser geeignet wäre als eine
Mailingliste.)
Beste Grüße,
Marc Lange
--
Marc Lange
Referent für Open Access
Ansprechperson an der HU für Berlin Universities Publishing
berlin-universities-publishing.de
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Humboldt-Universität zu Berlin
Universitätsbibliothek
http://www.ub.hu-berlin.de
Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum
Sitz: Geschwister-Scholl-Straße 1–3; Raum 9.519
Tel. +49 (0)30 2093-99292
Fax +49 (0)30 2093-99311
https://orcid.org/0000-0002-7742-3867
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Am 07.06.2023 um 13:24 schrieb Dietmar Kammerer:
> Liebe Michaela Voigt, liebe Kolleg:innen,
>
> danke für die Antwort. Zuerst: Es geht mir nicht um eine Kritik am
> DINI-Zertifikat. In einer Liste der "fünf wichtigsten Dokumente, ohne
> die ich meine Arbeit überhaut nicht machen könnte", wäre das
> Zertifikat mit dabei, ebenso wie das Gemeinsame Vokabular. Also vielen
> Dank für die großartige Arbeit.
>
> Aber meine "Interpretation" oder Vermutung (mehr als eine Vermutung
> ist es zugegebenermaßen nicht) lautet nicht: "CC-Lizenz erweckt
> Anschein von nicht-geschützt". Sondern: "Das Fehlen der expliziten
> Angabe: 'Urheberrechtlich geschützt' bei CC-lizenziertem Material,
> erweckt den Eindruck, CC-lizenziertes Material wäre nicht durch das
> UrhG geschützt".
>
> Egal übrigens, was auf den CC-Webseiten steht: Die sehen sich
> Nutzer:innen von Repositorien nicht an. Der Annahme "CC = kein
> Urheberrecht" bin ich in den vergangenen Jahren zu oft begegnet und
> ich bin sicher, viele andere auf dieser Liste auch.
>
> Diese Annahme hat übrigens auch nur (potentiell) zur Folge, dass
> Nutzer:innen von Repositorien denken, mit CC-lizenziertem Material
> könnten sie machen was sie wollen (und z.B. das NC-Modul ignorieren).
> Das ist m.E. nicht das eigentliche Problem.
>
> Das hat vor allem zur Folge, dass Autor:innen sich dagegen wehren,
> ihre Werke unter eine CC-Lizenz zu stellen, weil: "Dann hab ich ja
> keine Kontrolle mehr darüber, dann ist es nicht geschützt". Dass
> Urheber:innen also die Kontrolle (und einen Teil ihrer Rechte)
> stattdessen lieber an einen Verlag abgeben, wird nicht als Widerspruch
> empfunden: (Nur) Dann bewege man sich ja auf dem sicher umzäunten
> Gebiet des Urheberrechts, so die Annahme.
>
> Andererseits würde die korrekte (wenn auch inhaltlich redundante)
> Angabe "Urheberrechtlich geschützt. Das Werk steht einer CC-BY-Lizenz
> (verlinkt)" die meisten Nutzer:innen freilich vollends verwirren.
>
> Von einem Kollegen erreichte mich ein Vorschlag, den ich hier etwas
> abgewandelt wiedergebe: Nicht unter einer freien Lizenz (CC, DIPP
> usw.) stehende Werke / Ressourcen werden negativ gekennzeichnet. Zum
> Beispiel:
>
> "Unter Urheberrechtsschutz. Keine offene [oder: öffentliche] Lizenz"
>
> Auf diese Weise wäre das, was immer noch als "Regel" oder Norm
> angesehen wird, deutlich als die Ausnahme bzw. der Mangel oder das
> Defizit markiert, das es ist.
>
> Mit schönen Grüßen,
> Dietmar Kammerer
>
>
> Am 07.06.23 um 08:53 schrieb Voigt, Michaela:
>> Liebe*r Dietmar Kammerer, liebe Kolleg*innen,
>> es geht in den Punkten M.4-10 und M.4-11 (inkl. ausführlichen
>> Erläuterungen und Bsp., Wortlaut s.u.) just darum, Repositorien
>> konkrete Hinweise zu geben, wie Sie Angaben zu Rechten gestalten
>> sollten, damit der Schutzstatus auch für Dritte nachvollziehbar ist -
>> einerseits maschinenlesbar (M.4-10) und andererseits für menschliche
>> Nutzer*innen (M.4-11).
>> Ich kann Ihre Interpretation "CC-Lizenz erweckt Anschein von
>> nicht-geschützt" nicht nachvollziehen - die CC-Webseiten informieren
>> ja sehr genau über Rechte & Pflichten.
>> Es steht Repositorien darüber hinaus frei, zusätzliche Erläuterungen
>> zur rechtlichen Dimension für Nutzende anzubringen - es geht bei den
>> DINI-Kriterien um Mindestanforderungen bzw. Empfehlungen, die v.a.
>> auch bestmögliche Interoperabilität in einer vernetzten Repositorien-
>> und OA-Welt zu unterstützen. Denkbar wäre etwa ein pauschaler
>> Hinweis, dass die Inhalte urheberrechtlich geschützt sind und nur im
>> Rahmen der gesetzlichen Erlaubnisse bzw. einer eventuell vorhandenen
>> freien Lizenz genutzt werden können.
>>
>> Ungeachtet dieser Erläuterungen, sind wir in der DINI-AG epub, die
>> seit vielen Jahren das Zertifikat erarbeitet, natürlich für Feedback
>> aus der Community dankbar und auch angewiesen bei der
>> Weiterentwicklung. Wenn Sie oder andere hier Mitlesende uns (ich
>> schreibe hier als Mitautorin des Zertifikats) etwas für die nächste
>> Überarbeitungsrunde mit auf den Weg geben wollen, ist das sehr
>> willkommen.
>> Oder wenn Repositorienbetreibende Beispiele beisteuern können, wie
>> sie (über CC-Lizenz oder RightsStatements hinaus) Nutzende über den
>> Schutzstatus informieren - das wäre interessant zu sehen...
>>
>> Viele Grüße
>> Michaela Voigt
>>
>> DINI-Zertifikat für Open-Access-Publikationsdienste 2022
>> https://doi.org/10.18452/24678
>>
>> M.4-10 Die Betreibenden dokumentieren die Rechtesituation in den
>> Metadaten der veröffentlichten Dokumente, so dass diese
>> maschinenlesbar sind.
>> . Für jedes Dokument wird gespeichert, zu welchen Bedingungen das
>> Dokument durch Dritte genutzt werden darf.
>> . Maschinenlesbare Angaben werden insbesondere über die
>> OAI-Schnittstelle zur Verfügung gestellt. Daneben werden
>> maschinenlesbare Angaben zur Rechtesituation über das Webfrontend
>> bereitgestellt - beispielsweise in Form von geeigneten Meta-Tags im
>> HTML-Header und ggf. RDFa-Elementen im HTML-Body.
>> . Es werden standardisierte URLs genutzt für die Kennzeichnung der
>> Rechtesituation: Für frei lizenzierte Dokumente wird in den
>> OAI-Metadaten die jeweilige Lizenz-URL angegeben. Für andere
>> Dokumente werden URLs des Vokabulars Rights Statements (siehe
>> https://rightsstatements.org) genutzt.
>> . Beispiel 1: Dokument unter CC BY 3.0 DE laut Angabe OAI:
>> <dc:rights>https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/</dc:rights>
>> . Beispiel 2: Dokument urheberrechtlich geschützt (Rights Statements)
>> laut Angabe OAI:
>> <dc:rights>https://rightsstatements.org/page/InC/1.0</dc:rights>
>>
>> M.4-11 Die Rechtesituation der Dokumente wird über das Webfrontend
>> menschenlesbar angegeben, so dass diese Informationen für Nutzende
>> zugänglich sind.
>> . Für jedes Dokument wird dargestellt, zu welchen Bedingungen das
>> Dokument durch Dritte genutzt werden kann.
>> . Sofern ein Dokument unter einer freien Lizenz steht, wird auf den
>> Lizenztext verlinkt.
>> . Für andere Dokumente werden URLs des Vokabulars Rights Statements
>> genutzt.
>> . Beispiel 1: Dokument unter CC BY 4.0 siehe Angabe Webfrontend: eine
>> der folgenden Varianten oder Kombinationen daraus
>> (1) [CC-Icon] (Achtung: CC-Icon allein nicht ausreichend!)
>> (2) CC BY 4.0
>> (3) Creative Commons Namensnennung 4.0 International
>> . Beispiel 2: Dokument urheberrechtlich geschützt (Rights Statements)
>> laut Angabe Webfrontend: eine der folgenden Varianten oder
>> Kombinationen daraus
>> (1) [Rights Statements-Icon] (Achtung: Icon allein nicht ausreichend)
>> (2) In Copyright (Beispielsweise eine Verlinkung auf:
>> https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/?language=de )
>> (3) Urheberrechtlich geschützt
>>
>>
>> --
>>
>> Michaela Voigt
>> [sie/ihr - she/her]
>>
>> Hauptabteilung Publikationsdienste
>> Main Department Publication Services
>>
>> Referentin für Open Access
>>
>> Technische Universität Berlin
>> Universitätsbibliothek / University Library
>> Fasanenstr. 88, 10623 Berlin
>> GERMANY
>> Tel.: +49 30 314-76130
>> michaela.voigt@tu-berlin.de
>> https://orcid.org/0000-0001-9486-3189
>> https://www.tu.berlin/ub/
>>
>>
>> -----Ursprüngliche Nachricht-----
>> Von: Dietmar Kammerer <dietmar.kammerer@weizenbaum-institut.de>
>> Gesendet: Dienstag, 6. Juni 2023 16:48
>> An: ipoa-forum@lists.fu-berlin.de
>> Betreff: [IP-OA_Forum] Lizenzangabe in Repositorien // DINI-Zertifikat
>>
>> Liebe Kolleg:innen, liebe Liste,
>>
>> im DINI-Zertifikat steht unter M.4-10:
>>
>> "Die Betreibenden dokumentieren die Rechtesituation in den Metadaten
>> der veröffentlichten Dokumente, so dass diese maschinenlesbar sind."
>>
>> Konkret heißt das:
>>
>> "Es werden standardisierte URLs genutzt für die Kennzeichnung der
>> Rechtesituation: Für frei lizenzierte Dokumente wird in den
>> OAI-Metadaten die jeweilige Lizenz-URL angegeben. Für andere
>> Dokumente werden URLs des Vokabulars Rights Statements (siehe
>> https://rightsstatements.org) genutzt."
>>
>> Das ist zwar intuitiv verständlich, hat aber m.E. den unschönen
>> Nebeneffekt, dass die falsche(!) Annahme gestärkt wird, "CC-Lizenz"
>> wäre gleichbedeutend mit "Steht nicht unter Urheberrecht".
>>
>> Das sollte hier klar sien, aber zur Wiederholung: "Unter
>> Urheberrechtsschutz" kann bei allem stehen, was 1.) ein Werk mit
>> "Schöpfungshöhe" ist und wo 2.) keine "siebzig Jahre nach dem Tode
>> des Urhebers" (UrhG §64) vergangen sind. Also natürlich auch
>> CC-lizenzierte Werke.
>>
>> Wenn ein Repositorium auch ein Ort ist, an dem Nutzer:innen etwas
>> über Open Access und das Urheberrecht lernen und erfahren sollen,
>> dann ist diese Praxis der Angabe der Rechtesituation m.E. nicht ideal.
>>
>> Aber ich habe auch keinen besseren Vorschlag. Vielleicht jmd. in
>> dieser Runde? (Oder wird das nicht das Problem empfunden?)
>>
>> Mit besten Grüßen,
>>
>> --
>> Dr. Dietmar Kammerer
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