Liebe Liste,
ich kann die geäußerten Bedenken gegen KU gut nachvollziehen, würde aber zusätzlich noch andere Aspekte hineinbringen wollen: Kurzfassung der Argumentationsgrundlage: Publizieren kostet immer etwas. In der Übergangszeit zu Open Access werden Extrakosten anfallen. Die Verlage werden diese nicht zahlen, denn das widerspricht jeder unternehmerischen Logik. AutorInnen werden diese aus naheliegenden Gründen im Normalfall auch nicht zahlen. Es bleiben Bibliotheken und ihre Träger. AutorInnen bevorzugen es, in etablierten Verlagen zu publizieren. Die Investition von Bibliotheksressourcen in den Aufbau alternativer Services ist risikobehaftet und findet nach wie vor nur zögerlich statt: Selbst wenn die Services technisch und organisatorisch ausgefeilt sind, müssen sie sich erst etablieren. Für BuchautorInnen sind attraktive OA-Verlage noch immer rar. Eine gute weitere Alternative zur Erhaltung und Anpassung der kommerziellen Verlage mit Projekten wie KU scheint mir zu sein, Non-Profit-Verlage zu fördern. Nur ist mir nicht bekannt, dass Bibliotheken und ihre Träger das in nennenswertem Ausmaß tun. Fast keiner der dt. Publikationsfonds fördert Bücher. Bibliotheken sollten sich fragen, was sie wollen und dann gezielt fördern, statt überall ein bisschen zu investieren, was dazu führt, dass keine Option einen Durchbruch erfährt: a) eine kommerzielle OA-Verlagsbranche, in der echter Wettbewerb herrscht b) forschungsinstitutionseigene Publikationsinfrastrukturen c) Non-Profit-Verlage, hinter denen Stiftungen und Fachgesellschaften stehen Je mehr global in eine Kerbe geschlagen wird, desto schneller haben wir unsere OA-Welt. Die Entscheidung fällt nicht leicht. Hinter a) steckt wohl der stärkste Innovationsantrieb und die technischen und organisatorischen Bedingungen sind bereits hoch entwickelt. Wenn a) den Durchbruch schafft, haben es b) und c) leichter, für AutorInnnen attraktive Angebote zu schaffen. KU ist ein Konsortialmodell. Es bringt Bibliotheken und Verlage an einen Tisch. Preise und Verfahren sind verhandelbar (das unterscheidet es von Crowdfunding wie unglue.it). Zumindest im Pilot sind die Titel bereits publiziert. Teilnehmende Bibliotheken bekommen alle Erwerbungen dieser Titel auf ihren KU-Anteil angerechnet. Dadurch ergibt sich keine Zeitverzögerung und ein deutlicher Mehrwert bei der Erwerbung. Die KU-Pilot-Teilnahme impliziert die Teilnahme im Library Steering Committee. Kann man einer Konsortialidee grundsätzlich etwas abgewinnen, scheint das eine Chance zu sein, Diskussionen aufzuwerfen. Auch im weiteren Verlauf ist der OA-Imagegewinn für teilnehmende Bibliotheken nicht zu unterschätzen, wenn das Modell erfolgreich ist. Das Modell könnte OA bspw. sehr voran bringen, wenn AutorInnen animiert werden, zu einem KU-Verlag zu gehen und mit diesem nur dann einen Vertrag zu schließen, wenn ihr Titel für KU vorgeschlagen und vom bibliothekarischen KU Collections Committee bestätigt wird (man legt im Pilot Wert auf Metriken -- Vergleiche zwischen Titeln desselben Verlags sollen angestellt werden). Soweit ich das verstehe, gibt es danach nicht mehr die Mglk., dass der Titel closed bleibt -- das KU-Konsortium zahlt. Auf lange Sicht werden Verlage bestenfalls darum konkurrieren, ihre Titel in KU unterzubekommen. Das bringt das Konsortium in eine günstige Verhandlungsposition, um Preise zu drücken. Was mich persönlich mehr noch als die nutzungsrechtlichen Fragen oder das Preisniveau stört, ist das Ausblenden der Preis-Leistungs-Frage und ein gewisses Maß an Intransparenz. Der Durchschnittspreis der Titel ist $12,000. Warum erfährt man nicht, ob und welche Bücher teurer sind als andere? (Oder habe ich die Informationen übersehen?) Welche Argumentationen führten zu diesem Verhandlungsergebnis? Welche Leistungen erbringen die Verlage im Vergleich und lassen sich dadurch Preisunterschiede rechtfertigen? Vielleicht möchte jemand aus den beim Piloten teilnehmenden Bibliotheken -- in D immerhin sechs -- noch etwas zur Diskussion beitragen? Mit besten Grüßen Nora Schmidt --------------- Open Access Office Universitätsbibliothek Wien Am 16.01.14 11:29, schrieb Bargheer, Margo Friederike: Liebe Kolleginnen und Kollegen, für mich bleibt neben den von Ulli Herb thematisierten Lizenzfragen vor allem offen, wer da wessen in wessem Interesse handeln wird, wenn Bibliotheken über Knowledge Unlatched Bücher im Open Access ermöglichen. Nach meiner Auffassung begegnen wir hier nämlich einem Allmendephänomen. Und solange es dafür keine überzeugenden Lösungen gibt, fällt es mir schwer, Knowledge Unlatched uneingeschränkt zu empfehlen, auch wenn ich die Idee des Crowdfunding sehr attraktiv finde. Vielleicht verstehe ich das Modell von Knowledge Unlatched auch nicht richtig, dann würde ich mich über Aufklärung freuen. Die beteiligten Verlage werden die Titel aus den Pledging Periods sowieso veröffentlichen, entweder Open Access oder nicht. Die Open Access Vollfinanzierung ist natürlich für einen Verlag bequem, weil der break even in so einem Fall bereits mit Veröffentlichung erreicht wird und eventuelle Verkäufe der Printausgabe rein dem Gewinn zugerechnet werden können. Aber ein Scheitern des Bietens wird für Verlage nicht die Veröffentlichung von Titeln verunmöglichen, so dass keine ausgeprägte Motivation für das Gelingen der Open Access Variante vorhanden sein wird. Für die Autoren wäre Open Access im Sinne der breiteren Verfügbarkeit vorteilhaft und damit eine Motivation für das Open Access Gelingens vorhanden, aber sie haben keinen Einfluss auf die Entscheidung der Bibliothek oder den Marketingeinsatz der Verlage. Und kommt ein Open Access Titel nicht zustande, dann hat sich die Veröffentlichung ihres Werks um die pledging period verlängert. Welchen Vorteil aber haben individuelle Bibliotheken von der Finanzierung des Open Access, außer die Autoren gehören der eigenen Institution an und für die Bibliothek ergibt sich damit eine Profilierungsmöglichkeit durch neue Services? Die (gefühlt oder real) finanzschwachen Bibliotheken, die den Titel auch im Printmodell nicht erwerben könnten, werden sicherlich kein Geld in die Hand nehmen, um eine OA-Version zu ermöglichen, freuen sich aber, wenn sie später einen für sie kostenlosen Titel in die Sammlung aufnehmen können. Die Biblioheken, die den Titel auf Grund ihres Erwerbungsprofils kaufen werden, brauchen ihn, müssen aber jeweils auf das Ende der pledging period warten und werden dann unter Umständen mehr Geld für den Titel ausgeben müssen, als sie es bei einem traditionellen Erwerb getan hätten. Und wieviele Bibliotheken werden schlicht abwarten, dass andere Bibliotheken den Titel im Open Access finanzieren -- nach dem Motto, warum die eigene Weide abgrasen lass en, wenn man sein Vieh auch auf die Allmende treiben kann? Viele Grüße Margo Bargheer Margo Bargheer Leitung Elektronisches Publizieren ǀ Head of Electronic Publishing ---------------------------- Georg-August-Universität Göttingen Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen State and University Library Goettingen tel +49 (0)551 39-91188 ǀ fax +49 (0)551 39-22457 bargheer@sub.uni-goettingen.de www.sub.uni-goettingen.de ---------------------------- Universitätsverlag Göttingen ǀ University Press Goettingen * univerlag.uni-goettingen.de Elektronische Dissertationen ǀ Electronic Dissertations * sub.uni-goettingen.de/elektronisches-publizieren/ Institutional Repository * goedoc.uni-goettingen.de/goescholar/ ---------------------------- Open Access * www.open-access.net * www.openaire.eu ________________________________________ Von: Kai Karin Geschuhn [Geschuhn@mpdl.mpg.de] Gesendet: Mittwoch, 15. Januar 2014 18:01 An: Expertenforum für die Informationsplattform Open Access (http://open-access.net/) Betreff: [IP-OA_Forum] Knowledge Unlatched - Beteiligung für Bibliotheken noch bis zum 28. Februar möglich -Bitte entschuldigen Sie Mehrfachempfang- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten die britische "Community Interest Company" Knowledge Unlatched für einen vielversprechenden Ansatz zur Umsetzung von Open Access im Bereich der Geisteswissenschaften sowie für Monografien oder längere Publikationsformen. Zu begrüßen ist vor allem, dass neben den Verlagen gezielt Bibliotheken in den Prozess mit eingebunden werden. In Deutschland hat Knowledge Unlatched bisher noch nicht viel Resonanz erfahren, weshalb wir an dieser Stelle noch einmal auf die Beteiligungsmöglichkeiten hinweisen möchten. Knowledge Unlatched ist eine Crowdfunding-Initiative für Bibliotheken mit dem Ziel, Monografien aus den Geistes- und Sozialwissenschaften im Open Access unter einer Creative-Commons-Lizenz zugänglich zu machen. Es gilt, die Grundkosten für einen Buchtitel zu decken, um verlegerisches Risiko zu minimieren und dadurch Open Access für Monografien zu ermöglichen. Je mehr Bibliotheken sich beteiligen, desto geringer sind die Kosten pro Bibliothek. In der aktuellen Pilotphase startet Knowledge Unlatched mit 28 Neuerscheinungen aus 13 angesehenen Verlagen wie z.B. Bloomsbury Academic, Brill oder De Gruyter. Die durchschnittlichen Grundkosten pro Titel in dieser Kollektion betragen USD 12.000. Eine Beteiligung von mindestens 200 Bibliotheken weltweit wird angestrebt, was zu Maximalkosten pro Bibliothek für die Open-Access-Freischaltung aller 28 Titel von USD 1.680 führen würde. Je mehr Bibliotheken ihre Beteiligung erklären, desto niedriger die Kosten. Zusätzliche oder parallele Print- oder E-Book-Bestellungen einer Bibliothek auf diese Titel werden dabei berücksichtigt und angerechnet. Die "Pledging Period", also die Zeitspanne, in der Bibliotheken ihre Beteiligung erklären können, wurde gerade bis zum 28. Februar 2014 verlängert. Knowledge Unlatched in 60 Sekunden erklärt: http://www.knowledgeunlatched.org/ku-in-60-seconds/ Weitere Informationen unter: http://www.knowledgeunlatched.org/ Mit freundlichen Grüßen Kai Geschuhn Kai Karin Geschuhn Max Planck Digital Library Open Access & License Management Amalienstraße 33 | 80799 München Phone +49 (0) 89 38602 253 Fax +49 (0) 89 38602 290 geschuhn@mpdl.mpg.de _______________________________________________ ipoa-forum mailing list ipoa-forum@lists.fu-berlin.de https://lists.fu-berlin.de/listinfo/ipoa-forum _______________________________________________ ipoa-forum mailing list ipoa-forum@lists.fu-berlin.de https://lists.fu-berlin.de/listinfo/ipoa-forum -- Mag. Nora Schmidt Universitätsbibliothek Wien Open Access Office Boltzmanngasse 5, 1090 Wien Tel. +43 1 42 77 27608 Mobil +43 66 02 70 55 38 Mail nora.schmidt@univie.ac.at Web http://openaccess.univie.ac.at/ |