Lieber Herr Meier,eine der Forderungen bei Fair Open Access https://fairoa.org/ lautet: Autoren von Zeitschriftenaufsätzen behalten das Urheberrecht. Vielleicht geht dies zusammen mit den anderen Forderung in eine ähnliche Richtung wie Sie dies beschrieben haben.
Mit besten Grüßen, Philipp Zumstein Am 26.10.2017 um 17:29 schrieb Joachim.Meier@ptb.de:
Lieber Herr Herb, nach meinen Erfahrungen mit Copyright Transfer Agreements und License Agreements ist der von Ihnen beschriebene Fall eher die Regel aus die Ausnahme. Ich sehe eine Strategie hinter dieser Praxis. Die Strategie dieser Verlage heißt: Nimm dem Urheber so viele Rechte ab, wie nur irgend möglich und gib ihm nur so wenig wie möglich einfache Nutzungsrechte zurück. Erst wenn es starken Widerstand dagegen gibt, gib dem Urheber eine weitere dünne Scheibe von der Verwertungsrechte-Salami. Dadurch dass die Inhalte der sogenannten Copyright Transfer Agreements (CTA) in den letzten Jahren mehr und mehr auch außerhalb der betroffenen Autorenschaft bekannt und diskutiert worden sind, haben einige Verlage mit den Jahren den geforderten Rechteumfang reduziert und dem Urheber etwas mehr überlassen. Das New Journal of Physics startete 1998 als reine Golden OA-Zs. Mit einem CTA, das den Urhebern alle möglichen Verwertungsrechte abgenommen hat und keine Auswahl einer offenen Lizenz angeboten hat. Seit einigen Jahren kommt mit der Umstellung auf CC-Lizenzmodell der Urheber wenigstens in den Genuss dieser CC-Lizenz. Mehr als die CC-Rechte erhält er nicht. Im CTA muss er immer noch alle Rechte an den Verlag (IOPP) abtreten (so jedenfalls im letzten mir vorgelegten CTA). Erfreut war ich letzte Woche, als ich ein License Agreement von Wiley vorgelegt bekam. Dort lässt sich der Verlag nur ein einfaches Nutzungsrecht vom Urheber abtreten, der Urheber behält seine Verwertungsrechte und kann für seine Veröffentlichung zwischen CC BY und CC BY-NC wählen, wobei die Höhe der APC für beide Lizenzmodell dieselbe ist. Ich nehme an, dass bisher nur wenige Verlage so fair mit ihren Autoren umgehen. Bei Wiley muss das aber nicht für alle Zeitschriften gelten, denn Verlage verwenden Zeitschriftenspezifisch z.T. unterschiedliche CTAs (gemäß oben skizzierter Salami-Taktik). Wir sollten bei dieser Diskussion auch Bedenken, dass bis zur Urheberrechtsreform 1965 zu 1966 für Beiträge in periodisch erscheinenden Sammlungen (u.a. Zeitschriften, Konferenzbände), das exklusive Verwertungsrecht ein Jahr nach dem Erscheinen wieder an den Urheber zurückgefallen ist und der Verlag nur noch ein einfaches Verwertungsrecht behalten hat. Mit dieser urheberrechtlichen Regelung konnte das Verlagswesen vor 1966 ganz gut gedeihen und hätte es auch danach gekonnt und heute ebenso. Aber als dann mit der UrhG-Reform von 1966 in § 38 "Beiträge zu Sammlungen" (1) der kleine Nebensatz "wenn nichts anderes vereinbart ist" hinzu kam (ohne öffentliche Diskussion!), begannen die "Autorenverträge" für Zeitschriftenartikel (CTA) wie Pilze zu sprießen. Ohne diesen Nebensatz gäbe es (zumindest nach deutschem Recht) keine Rechtsgrundlage für dauerhafte exklusive Rechteabtretung zu Zeitschriftenartikeln an Verlage. Autoren veröffentlichen in Zeitschriften verschiedener Verlage und werden deshalb mit unterschiedlichen CTAs konfrontiert, mit denen sie sich am liebsten nicht auseinander setzen möchten (und sich deshalb z.B. von der lokalen Bibliothek beraten lassen). Ich denke, wenn sich die Wissenschaftsgemeinschaft (incl. Fachgesellschaften) weltweit solidarisieren würden, wäre ein Set von wenigen (evtl. disziplinspezifischen) für rechtliche Laien verständliche CTAs bzw. License Agreements durchsetzbar. Es wären dann die Gemeinschaft der Urheber, die bestimmen, welche Rechte sie behalten, welche Sie dem Verlag abtreten und welche Lizenzen Sie für die Öffentlichkeit anbieten. Verlage, die nicht darauf eingehen, müssten fürchten keine Manuskripte mehr zu erhalten. Verlage wären nicht mehr Eigentümer von Inhalten und exklusiven Verwertungsrechten, sondern würden auf die Rolle als Dienstleister zurückgedrängt. (Ob wir das noch erleben ;-)) Besten Gruß Joachim Meier ____________________________________________________ Dr.-Ing. Joachim E. Meier Referatsleiter Q.11, Wissenschaftliche Bibliotheken Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) (http://www.ptb.de <http://www.ptb.de/>) PF 3345 Tel. +49-531-592-8131 38023 Braunschweig Fax. +49-531-592-8137 GERMANY E-mail: Joachim.Meier@ptb.de ____________________________________________________ Von: Ulrich Herb <u.herb@sulb.uni-saarland.de> An: Expertenforum für die Informationsplattform Open Access (http://open-access.net/) <ipoa-forum@lists.fu-berlin.de> Datum: 26.10.2017 16:35 Betreff: [IP-OA_Forum] Verlagsveträge: Copyright Transfer + CC-Lizenz -------------------------------------------------------------------------------- Liebe Liste, auf die Gefahr hin, mir eine Blöße zu geben: Ich las kürzlich einen Publikationsvertrag, in dem der Autor dem Verlag die exklusiven Rechte abtreten sollten und der Artikel vom Verlag unter CC BY gestellt werden sollte. Auf den ersten Blick wirkt diese, mir als gängig bekannte Praxis nur umständlich und ich frage mich, ob dahinter eine Absicht des Verlages steckt, die mir nicht auffällt. Ich selbst bin mit einem ähnlichen Arrangement mal schlecht gefahren, denn der Verlag publizierten meinen (Buch)Beitrag zwar CC BY, stellte ihn aber auf einer Plattform auch zum Verkauf. Zum Glück war ich nicht alleine Leidtragender, sondern auch andere Personen, die sich mit OA auskennen. Der aktuelle Fall unterscheidet sich von dem vergangenen dadurch, dass nun explizit garantiert wird, dass der Artikel vom Verlag immer unter CC BY angeboten wird. Vielleicht bin ja paranoid, aber was bezweckt der Verlag mit diesem Copyright Transfer zur CC-Lizenzierung? Sebastian Nordhoff mutmaßte Verlage, hätten keine Ahnung von Lizenzierung, https://twitter.com/twig2noise/status/922941480125202433- was ich auch für möglich halte. Aber vielleicht gibt es ja doch eine Strategie hinter dieser Praxis, die ich nicht sehe. Viele Grüße Ulrich herb -- Dr. Ulrich Herb Saarlaendische Universitaets- und Landesbibliothek Referent für elektronisches Publizieren und Open Access, Drittmittel-Projekte http://www.sulb.uni-saarland.de/de/service/publikationsangebote/ Brief: Postfach 15 11 41, D-66041 Saarbruecken Paket: Universitaet des Saarlandes, Gebaeude B1 1, Zi. 7.07., D-66123 Saarbruecken Telefon: +49-681-302-2798 Fax: +49-681-302-792798 _______________________________________________ ipoa-forum mailing list ipoa-forum@lists.fu-berlin.de https://lists.fu-berlin.de/listinfo/ipoa-forum Liste verlassen: https://lists.fu-berlin.de/listinfo/ipoa-forum#options _______________________________________________ ipoa-forum mailing list ipoa-forum@lists.fu-berlin.de https://lists.fu-berlin.de/listinfo/ipoa-forum Liste verlassen: https://lists.fu-berlin.de/listinfo/ipoa-forum#options
-- Dr. Philipp Zumstein Universitätsbibliothek MannheimFachreferat Mathematik und Informatik; Abteilung Digitale Bibliotheksdienste; Open-Access-Beauftragter
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