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Re: [IP-OA_Forum] neues Urheberrecht

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  • From: "Klaus Graf" <klausgraf@googlemail.com>
  • To: "Expertenforum für die Informationsplattform Open Access (http://open-access.net/)" <ipoa_forum@lists.spline.inf.fu-berlin.de>
  • Date: Thu, 3 Jan 2008 19:24:06 +0100
  • Reply-to: Expertenforum für die Informationsplattform Open Access (http://open-access.net/) <ipoa_forum@lists.spline.inf.fu-berlin.de>
  • Subject: Re: [IP-OA_Forum] neues Urheberrecht

Es braeuchte eigentlich hier nicht wiederholt zu werden, was in den
Kommentaren zu
http://archiv.twoday.net/stories/4572178/
schluessig dargelegt ist. Entscheidend ist nicht, wie ein Laie das
Gesetz versteht, sondern was mit dem Gesetz nach Ausweis der amtlichen
Begruendung(en) beabsichtigt wurde.

Zitat:

" Letzte Unklarheiten beseitigt ein Blick in die "Begründung der
Beschlussempfehlung" (Beschlussempfehlung und Bericht des
Rechtsausschusses (6. Ausschuss) des Bundestages, BT-Drs 16/5939,
Synopse S. 5 und 12, Begründung S. 44 und 46). Es heißt dort

Auch für die Übergangsregelung des § 137l soll die Anregung des
Bundesrates zu § 31a Abs. 1 Satz 3 und 4 aufgegriffen (...) und auch
für Altverträge die Rechte des Urhebers bei der Nutzung von Werken in
heute noch unbekannten Nutzungsarten gestärkt werden. Dementsprechend
bestimmt der neu eingefügte Satz 3, dass der Verwerter verpflichtet
ist, den Urheber unter der letzten ihm bekannten Anschrift zu
informieren, bevor er beginnt, das Werk in einer Art zu nutzen, die
zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch unbekannt war. Das
Widerspruchsrecht des Urhebers erlischt, parallel zur Regelung des
§31a, drei Monate nach Übersendung der Information über die
beabsichtigte Aufnahme der Nutzung in der neuen Nutzungsart. Für die
Nutzung von Werken in Nutzungsarten, die beim Vertragsschluss noch
unbekannt waren, inzwischen aber als neue Nutzungsarten bekannt
geworden sind, bleibt es bei der Regelung des Gesetzentwurfes der
Bundesregierung.

Steinhauers Ansicht (Fristen bei § 137 l UrhG, 10.12.2007), der Verlag
könne die einjährige Widerspruchsfrist bei Altverträgen durch ein
Informationsschreiben über die beabsichtige Digitalisierung auf 3
Monate verkürzen, ist daher abwegig."

Fuer jede Abweichung vom Text eines Regierungsentwurfs im Zuge der
parlamentarischen Behandlung gibt es eine amtliche Begruendung, die
vom federfuehrenden parlamentarischen Gremium verantwortet wird. Wie
man die obige amtliche Begruendung missverstehen kann, ist mir nicht
klar.

Sie sagt unzweideutig, dass die Benachrichtung durch den Verlag mit
der Dreimonatsfrist nur stattfindet, wenn die Nutzungsart am 1.8.2008
unbekannt war. Online-Nutzung ist aber seit ca. 1995 allgemein
bekannt.

Will ein Verlag die Online-Nutzung aufnehmen, so muss er sich nach
meiner Rechtsauffassung 2008 mit dem Autor ins Benehmen setzen, da die
Uebertragungsfiktion nach dem Wortlaut des Gesetzes sich auf ein
ausschliessliches Nutzungsrecht bezieht (wogegen verfassungsrechtliche
Einwaende vorgebracht wurden).

Am 1.1.2008 ist entweder der Verlag oder der Autor Inhaber des
ausschliesslichen Nutzungsrechtes. Waere es der Verlag, duerfte dieser
den Autor von der Nutzung ausschliessen. Der Autor haette wiederum die
Moeglichkeit, dem Verlag die Nutzungsrechte wieder wegzunehmen, indem
er im Jahr 2008 widerspricht.

Liegt ein Widerspruch vor, hat der Verlag aber bereits genutzt bzw.
das Buch einem Dritter unterlizensiert, wozu er nur mit einem
ausschliesslichen Nutzungsrecht befugt ist, so muesste er die eigene
Nutzung einstellen, waehrend sein Lizenznehmer weiternutzen duerfte.

Diese Konsequenz waere mit der angestrebten Rechtssicherheit nicht
vereinbar. Daher ist die Praemisse zu verwerfen und die andere
Alternative als gueltig anzusehen: Der Autor bleibt vom 1. Januar 2008
bis 31. Dezember 2008 Inhaber der ausschliesslichen Nutzungsrechte und
ist insoweit frei, einem Dritten (Schriftenserver) einfache oder
ausschliessliche Nutzungsrechte zu uebertragen.

Was geschieht mit diesen Rechten Dritter, wenn der Urheber bis 31.
Dezember nicht widersprochen hat?

Dazu muss man die amtliche Begruendung des Regierungsentwurfs lesen:

"Sofern ein Dritter die Rechte für die neue Nutzungsart etwa nach
Bekanntwerden der Nutzungsart erworben hat, bleiben diese Rechte nach
Absatz 1 Satz 2 unberührt. Hiermit wird klargestellt, dass die Fiktion
nicht in bestehende Verträge eingreift, durch die Rechte an vor dem
Inkrafttreten des Gesetzes bekannten Nutzungsarten wirksam übertragen
wur- den. Erfolgte die Rechtseinräumung nur beschränkt (z. B. durch
Erteilung einer nicht ausschließlichen Berechtigung), so greift die
Fiktion in dem verbleibenden Umfang. Hat etwa ein Komponist einem
Dritten das nicht ausschließliche Recht zur On-Demand-Auswertung eines
Musikstücks eingeräumt, so gilt die Fiktion dennoch auch für das Recht
der On-Demand-Auswertung. Der Dritte ist jedoch weiter berechtigt, von
seinem nicht ausschließlichen Nutzungsrecht Gebrauch zu machen."

Die Fiktion greift nicht in bestehende Vertraege ein. Die Fiktion des
ausschliesslichen Nutzungsrechts fuer den Verlag greift, wie soeben
gezeigt, aus Gruenden der Rechtssicherheit erst, wenn fest steht, dass
der Urheber nicht widersprochen hat. Innerhalb der Widerspruchsfrist
greift sie nicht, da dies einen unertraeglichen Kuddelmuddel bedeuten
wuerde. Daraus folgt zwingend, dass bis zum 31. Dezember 2008 einem
Dritten eingeraeumte Nutzungsrechte auch nach diesem Datum
wahrgenommen werden koennen. Der Verlag kann, wenn der Autor nicht
widersprochen hat, nur im "verbleibenden Umfang" von dem
ausschliesslichen Nutzungsrecht Gebrauch machen. Schliesst das
Repositorium oder entfernt es die Arbeit des Autors etwa im Jahr 2009,
kann dieser keine weitere Ubertragung an ein anderes Repositorium
veranlassen, es sei denn, er hat von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch
gemacht.

Jede andere Interpretation setzt sich ueber den klaren Wortlaut der
amtlichen Gesetzesmaterialien hinweg.

Klaus Graf



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