Lieber Herr Herb,Intel entwickelt neue Prozessoren, um AMD keinen Vorsprung zu gönnen und dafür zu sorgen, dass die VerbraucherInnen regelmäßig ihre IT erneuern. Der Markt für wissenschaftliche Publikationen ist aufgrund der singulären Produkte bekanntlich "anormal": Es herrscht Wettbewerb lediglich um Reputation, die sich in einer endlosen Schleife von AutorInnen auf den Verlag, vom Verlag auf die AutorInnen überträgt. Verlage haben im Grunde keinen Anreiz, auf OA umzustellen, solange ihnen die AutorInnen zulaufen -- und das tun sie. In erster Linie wollen die Bibliotheken und ihre Träger die OA-Welt. Die AutorInnen können wir vielleicht mit Argumenten überzeugen (solange sie kein zusätzliches Geld gegenüber bisher für Publikationen beschaffen müssen), aber ohne finanzielle Anreize wird sich kein Verlag, der kontinuierlich Umsatz und Gewinn wenigstens stabil halten kann, bewegen. Wir können natürlich die Verlage links liegen lassen, die AutorInnen bearbeiten und auf b) oder c) setzen, aber irgendwie zeichnet sich dieser Weg derzeit nicht wirklich ab. Ich befürchte, dazu fehlt es bei Bibliotheken und anderen Wissenschaftsinstitutionen derzeit noch an Kapital in allen bourdieuschen Ausprägungen, das im Publikationswesen einlösbar ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Fachgesellschaften mehrheitlich im Boot der Verlage sitzen.
M.E. ist das Wichtigste, dass wir die Anormalität des Marktes überwinden, indem dort Publikationsservices als Produkte angeboten werden, statt Publikationen. Ob sich auf diesem Markt dann kommerzielle Verlage und/oder andere Organisationen tummeln, scheint zweitrangig. Die Frage ist nur: Wie sollten Ressourcen eingesetzt werden, um zu diesem Markt zu kommen?
Beste Grüße Nora Schmidt Am 21.01.14 13:50, schrieb Ulrich Herb:
Liebe Frau Schmidt,Kurzfassung der Argumentationsgrundlage: Publizieren kostet immer etwas. In der Übergangszeit zu Open Access werden Extrakosten anfallen. Die Verlage werden diese nicht zahlen, denn das widerspricht jeder unternehmerischen Logik.Da muss ich Ihnen widersprechen: Wenn Intel eine neue Prozessorgeneration entwickelt, zahlt Intel diese Entwicklungskosten. Man preist diese Kosten in den Verkaufpreis ein, klar. Aber eine direkte Alimentierung durch die öffentliche Hand gibt es selten: Die Wissenschaftsverlage kennen das, die Stromkonzerne auch. Aber meiner Meinung nach gilt Ihr Argument hier nicht.Eine gute weitere Alternative zur Erhaltung und Anpassung der kommerziellen Verlage mit Projekten wie KU scheint mir zu sein, Non-Profit-Verlage zu fördern.Hier wiederum stimme ich Ihnen zu.sich fragen, was sie wollen und dann gezielt fördern, statt überall ein bisschen zu investieren, was dazu führt, dass keine Option einen Durchbruch erfährt:a) eine kommerzielle OA-Verlagsbranche, in der echter Wettbewerb herrschtb) forschungsinstitutionseigene Publikationsinfrastrukturenc) Non-Profit-Verlage, hinter denen Stiftungen und Fachgesellschaften stehenund auch hier ... viele Grüße Ulrich Herb