Liebe Kollegen, zwar als Neuling in Ihrer Runde, aber doch auch schon länger in diesem Feld unterwegs, möchte ich aus der Perspektive einer Wissenschaftlerin und Vertreterin eines der sog. Kleinen Fächer dazu nur folgendes bemerken:- Kosten für die Publikation eines Artikels in Höhe von > 1000 Euro würden auf einen Schlag den gesamten Haushaltsetat meines Lehrstuhls für ein Jahr auf einen Etat für Bleistifte reduzieren.- Die durch die DFG anfinanzierten Publikationsfonds der UBs sind - nach meiner Kenntnis - von den Naturwissenschaftlern schon komplett belegt.- Die universitären Haushalte können das nicht übernehmen - die meisten sind längst an ihren Grenzen angekommen.Fazit: Wir als Wissenschaftler müßten diese Kosten privat tragen. Soll das die Zukunft unseres wissenschaftlichen Publikationswesens sein??Mit freundlichen Grüßen in die RundeCharlotte Schubert
Prof. Dr. Charlotte SchubertLehrstuhl für Alte GeschichteHistorisches SeminarUniversität LeipzigBeethovenstr. 1504107 Leipzigemail: schubert@uni-leipzig.deTel.: 0341/9737071 und 0178/8324518
Am 04.09.2015 um 08:42 schrieb Ulrich Herb <u.herb@scinoptica.com>:Hallo Herr Reckling,
als jemand, der keine Karriere in der Wissenschaftsbürokratie machen wird, kann
ich unbeschwert ausformulieren.Psychologie, Moral oder "falsches Bewußtsein" bei WisssenschafterInnen mag
einiges erklären, an der Sache ändert es, so fürchte ich, wenig:
Es wird immer intedierte und nicht-intendierte Folgen von Interventionen (z.B.
APC-Erstattung) geben, aber bevor man eine Intervention beginnt, ist es
hilfreich sich zu überlegen welche Folgen durch die neuen Anreize produziert
werden können. So gesehen würde ein wenig Psychologie (Spieltheorie) oft nicht
schaden.1) Gute Publikationsformate kosten etwas, ob kommerziell oder nicht
nicht-kommerziell. Es ist gerade das Problem vieler gut gemeinter
Initiativen, dass sie offenbar davon ausgehen, professional publishing wäre
nahezu gratis zu haben. Das erklärt auch, warum viele OA Journals
nahezu leer sind.
Was bei CELL etc. was kostet ist v.a. der Profit > 30%. Und Qualität gibt es
selten kostenlos, aber doch ohne APCs: Stellvertretend sei mal fqs
http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs genannt. Statt die big five zu
alimentieren und die Konzentration im Publikationsmarkt zu forcieren
[http://www.heise.de/tp/news/Wissenschaftsjournale-Konzentration-Karriere-und-Kommerz-2721572.html],
sollte man lieber non-profit-OA à la fqs fördern.2) Kommerziell ist nicht gleich böse/schädlich und nicht-kommerziell gleich
gut/nützlich.
Nicht per se, das stimmt, aber die nachgewiesene Konzentration zugunsten
kommerzieller Verlage (s.o.), die übertriebene Gewinne einstreichen (und dies
nun auch im OA machen), ist ganz sicher schlecht, weil dysfunktionial und eine
naive APC-Politik fördert diese Dysfunktionalität.3) Richtig ist, dass es für eine Preisbildung nach dem Leistungsprinzip mehr
Wettbewerb und Kostentransparenz braucht. Insofern sind die Zahlen > des FWF
doch noch recht ermutigend: (a) Es gibt noch eine Reihe von Anbietern (inkl.
kleinere), die sich den Markt teilen. (b) Der
Durchschnittspreis pro Artikel von € 1.200 liegt weit unter dem von
Subskriptionszeitschriften.
Ich sehe nicht wie die APC-Politik des FWF Transparenz schafft. Und ich
wiederhole mich, die Schaffung solcher APC-Förderung ist hoch reaktiv und wird
den Markt zugunsten steigender APCs ändern - sie schaffen die Anreize dazu. Wir
können uns in zehn Jahren gern den Schaden ansehen, der gerade geschaffen wird.
Viele Grüße
Ulrich Herb
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